Der Ausflug

„Lukas, ich habe ein Butterbrot, kleine Tomaten und Tee mit. Und du?“, fragte Isa.
„Moment, ich schaue nach!“
Doch dazu kam Lukas nicht mehr. Kirsten rief: „Alle Vorschulkinder zu mir, wir wollen los in die Schule.“
Isa und Lukas freuten sich. Heute waren sie als Vorschulkinder eingeladen. Sie würden die Schule kennenlernen.
„Der Weg ist nicht weit. Ich bin ihn neulich mit Mama gelaufen“, sagte Lukas. „Wollen wir nachher wieder unser Frühstück teilen?“
„Ja, gern“, antwortete Isa, „wenn du etwas Leckeres mithast.“
„Wir schauen nachher“, meinte Lukas.
Auf dem weiten Schulhof sahen Isa und Lukas andere Vorschulkinder stehen. Sie stellten sich in einen großen Kreis.
„Guten Morgen“, begrüßte sie eine Lehrerin. Sie hielt Zettel in der Hand und sah über die Brille hinweg, wenn sie zu ihnen sprach. Isa fand, sie sah streng aus.
„Ich bin Frau Bredo. Schön, dass ihr alle da sein. Wir rufen euch jetzt auf und gehen in die Klassenzimmer. Immer acht Kinder und eine Lehrerin. Eure Erzieherinnen holen euch nachher wieder ab. Jeweils zwei aus jedem Kindergarten bleiben zusammen.“
Lukas fühlte, wie Isa ihm erleichtert die Hand drückte. Doch es kam anders: Isa wurde vor Lukas aufgerufen und kam zu Frau Bredo. Er zu Frau Schmidt.
Isa war nicht wohl. Die Schule kam ihr plötzlich so groß vor. Mit in ihrer Gruppe war Armina. Ausgerechnet. Sie hatten sich neulich im Garten um den neuen Roller gestritten. Kirsten war gekommen und sie hatten sich abwechseln müssen. Warum konnte es nicht genug Roller für alle geben? Manchmal fand Isa Teilen wirklich blöd.
„Hallo“, sagte Armina schüchtern, „wollen wir zusammen laufen?“
„Meinetwegen“, antwortete Isa. Wenigstens kannte sie Armina.
Frau Bredo ging mit ihnen in einen Klassenraum. Er war hell und mit einigen  Fensterbildern bunt gestaltet. In der Mitte eines Stuhlkreises lag eine runde, weiß schimmernde kleine Decke und um sie herum gelbe Blütenblätter mit ihren Namen.
Sie setzten sich still. Frau Bredo nahm ihre Brille ab und begrüßte sie noch einmal:
„Schön, dass ihr heute da seid und unsere Schule besucht. Wir werden heute basteln. Doch zuerst sagt jeder von euch seinen Namen und was ihr am liebsten spielt. Dann bekommt ihr euer Namensschild aus der Mitte!“
Isa hatte das Blütenblatt mit ihrem Namen schnell entdeckt. „Ich bin Isa und spiele gern draußen.“
„Herzlich willkommen, Isa, schön, dass du da bist“, sagte Frau Bredo und Isa holte ihr Namensschild aus der Mitte. Sie setzte sich wieder und bemerkte, wie unruhig Armina neben ihr wurde.
„Ich heiße Armina und spiele gerne mit Puppen.“
„Schön, dass du da bist, Armina“, sagte Frau Bredo und wies mit der Hand in die Mitte. Doch Armina stand nicht auf, sie senkte unsicher den Blick. Isa stupste sie an.
„Du bekommst dein Namensblatt“, flüsterte sie.
„Ich weiß nicht welches, die Schrift ist so anders“, murmelte Armina. Frau Bredo hatte es gehört:
„Ich gebe dir dein Namensschild Armina. Die Namen sind eine Hilfe für mich, damit ich weiß, wie ihr heißt. Ich kenne euch noch nicht so gut. Zum Schreiben- und Lesenlernen kommst du dann in die Schule.“
Armina war erleichtert, holte ihr Blütenblatt und setzte sich wieder.
„Wir basteln heute besondere Blumensträuße. Hier drüben auf dem Tisch habe ich ein paar Blätter mit Ideen hingelegt und ihr werdet merken: Es gibt nicht nur Blumen. Alles andere findet ihr dort drüben: Tonpapier, Scheren, Stifte, Papier und Kleber zum Aufkleben der Sträuße. Eine Blume im Strauß seid ihr, also wählt etwas, was ihr selbst mögt. Für die anderen Blumen, wählt etwas, was andere mögen könnten.“
Es war für alle etwas dabei. Es gab Ideen für Narzissen, Sonnenblumen und Margeriten und genauso Vorlagen für Autos, kleine Laster, Vögel, Fußbälle und vieles mehr.
„Ich nehme für mich eine Sonnenblume mit ganz bunten Blättern“, dachte Isa.
Armina gestaltete ihre Blume mit blauen Vögeln und gelben Punkten. Es wurden sehr lustige, unterschiedliche Blumen. Die fertigen Bilder durften sie mit nach Hause nehmen.
„Jetzt gehen wir gemeinsam auf den Schulhof und verabschieden uns“, sagte Frau Bredo.
Sie bildeten wieder einen großen Kreis.
„Schön, dass ihr alle hier gewesen seid. Als Erinnerung habt ihr eure Blumenbilder und ich möchte noch etwas austeilen. Wir stehen hier im Kreis, weil ihr alle Vorschulkinder seid.“
Sie hielt eine Tüte hoch.
„Hier sind weiße Perlen, ihr alle dürft Euch eine herausnehmen. Sie sind rund, genau wie unser Kreis.“
Nach der Verabschiedung rief Kirsten sie zusammen.
„Wir frühstücken hier drüben auf den Bänken, bevor wir zurückgehen.“
Endlich hatten sie Zeit, in Lukas Brotbox zu schauen.
„Ich habe ein Hörnchen und Apfelstückchen. Wollen wir teilen?“
„Gern.“
Isa hielt ihm die Tomaten hin und nahm sich ein Apfelstückchen.
Auf dem Rückweg sagte Lukas:
„Am Anfang dachte ich ‘oh je, Blumen’, aber dann habe ich mir einen Sportwagen mit Stiel geklebt. Voll cool.“

  

Für die eigene Arbeit

Hinweise zur Perle

Die Auseinandersetzung mit den „Perlen“ ist in der Begleitung von Kindern, die fünf und sechs Jahre alt sind, ganz besonders geeignet. Sie haben oft schon einige Jahre Kindergartenerfahrung und es bahnt sich ein Wechsel an – der Schritt in die Schule. Die Perlen bieten in dieser biografischen Phase die Möglichkeit einern „Selbstverortung“: „Was ist mir wichtig, was trägt mich?“ – „Was macht mich besonders?“ – „Wer ist mein Freund/meine Freundin?“ – Diese Fragen lassen sich gut mit den ersten drei Perlen aufgreifen.

Die dritte, weiße Perle heißt in den bekannten „Perlen des Lebens“ „Taufperle“. Mit ihr verbunden ist das Nachdenken über „Gemeinschaften“, die tragen. In zahlreichen Regionen Deutschlands haben Kinder jedoch keine Erfahrungen mit der Taufe, sind selbst nicht getauft und haben vielleicht niemals eine Taufe erlebt. Damit in solchen Zusammenhängen dennoch mit der Perle gearbeitet werden kann, wird an dieser Stelle die Idee von anderen Verbindungen und Gemeinschaften, die Kindern in ihrem Leben Halt geben, in den Mittelpunkt gerückt.

Nach der goldenen und der Perle für das eigene Ich schließt die Perle der Gemeinschaft direkt an. Niemand ist nur Individuum, Menschen sind „auf Verbindung zu anderen Menschen“ angelegt und daher ist Begegnung Teil des Menschseins.

Kinder im Kindergartenalter erleben Gemeinschaft in unterschiedlichen Formen: zu Hause in Familienstrukturen, vielleicht in Vereinen, besonders aber auch im Kindergarten selbst. Manchmal bilden sich enge Verbindungen und Freundschaften schon im Krippenalter, häufig aber doch erst dann, wenn die Kinder in den Kindergartengruppen sind und sich dort wohl und sicher fühlen. Oft entwickeln sich dann Freundschaften, die von Dauer sind. Wenn der Wechsel in die Schule ansteht, ist es gerade der Umbau von Beziehungen, der Kinder verunsichert, zugleich ist es für viele Kinder wichtig, einen „Freund“ eine „Freundin“ im noch unbekannten Umfeld Schule zu kennen.

In der Geschichte lernen wir Isa und Lukas im Zusammenhang mit ihrem Kindergarten kennen. Sie sind selbst künftige „Schulkinder“ und besuchen „ihre“ Schule. Es ist ihre erste Begegnung mit der Schule und wie viele „reale“ Kinder erleben sie Verunsicherung.

Viele Kinder in Kitas kennen solche und ganz andere Situationen im Zusammenhang mit Schule im letzen Kita-Jahr.

Didaktische Ideen

Alle Materialien und Medien zur Perle dürfen für die eigene Arbeit verwendet werden. Zu jeder Perle gibt es eine Bildkarte, die farbig auf A3 gedruckt, in das klassische Erzähltheater (Kamishibai) passt. Das Geschichtenbild kann mit den Kindern zunächst betrachtet und entdeckt werden. Im Anschluss  kann die Geschichte frei erzählt oder vorgelesen werden. Die Vorlesegeschichte mit kleinen Bildelementen darf ebenfalls gedruckt und in der Kita – beispielsweise als Aushang zur Elterninformation – veröffentlicht werden. Wenn die Kinder die Geschichte kennengelernt haben, ist es möglich, eine inhaltliche Vertiefung zum Thema der Perle zu ermöglichen.

Bei dieser Perle bietet sich besonders eine Vertiefung in Bezug auf die „tragenden menschlichen Verbindungen“, die die Kinder erleben, an. „Wer ist mein Freund?“, „Wer ist meine Freundin?“, „Wie fühlt es sich an, einen Freund/ eine Freundin zu haben“, „Was mache ich mit meinem Freund/ meiner Freundin am liebsten?“ – Um diese Bereiche und sicher auch noch weitere können sich Vertiefungen drehen. Das Gestalten von Freundschaftsnetzen, und Freundschaftsbildern bietet sich dabei ebenso an wie eine weitere Vertiefung mit anderen Freunschaftsgeschichten (z.B. E. E. Cummings: Der Elefant und der Schmetterling, M. Baisch und H. Schmachtl: Weltbeste Freunde für immer, I. Kobald u. a.: Zuhause kann überall sein) oder Liedern (z.B. Sybille Hein: Freunde).

In Einrichtungen, in denen religionssensibel gearbeitet wird, kann natürlich auch eine Thematisierung der Taufe oder Kommunion stattfinden. Dies geschieht häufig in Verbindung mit Kirchenraumerkundungen. In diesem Zusammenhang lässt sich auch die Frage nach „Gott“ und einer Verbindung zu „Gott“ („Kann Gott Freund/Freundin sein?“) wieder aufgreifen, die in der goldenen Perle im Zentrum stand.

Nach dieser Perle folgt eine Perle der Stille. Um die Idee der Vertiefung und Verlangsamung in der Auseinandersetzung mit einem Thema aufzunehmen, finden Sie zwei Stille-Bilder zur weißen Perle der Gemeinschaft, die die Kinder zur eigenen Gestaltung und Vertiefung nutzen können. Die Stille-Bilder liegen als pdf-Dateien vor und dürfen für die Kinder vervielfältigt werden.


Downloadbereich

Die Bildkarte

Die Geschichte mit Bildelementen

Die Stille-Bilder: das Mandala, das Geschichtenbild

Die Geschichte zum Anhören