Erdbeertransport

,,Wo willst du denn hin?“
Erstaunt sah lsas Mutter ihre Tochter an.
„Du siehst aus, als würdest du auf Safari gehen!“
lsa lachte: „Nee, Mama, doch nicht auf Safari! Dafür mag ich Tiere viel zu sehr. Lukas und ich gehen zu Sophia, weißt du, in den Garten, der so leuchtet. Heute ist so schönes Wetter.“
„Na, dann wünsche ich euch viel Spaß. Zum Abendbrot bist du aber zurück“, sagte lsas Mutter.
Da klingelte es schon. Es war Lukas.
„Alles dabei? Hast du auch Schnur? Und wasserfeste Schuhe?“, erkundigte sich Lukas.
„Nee, aber wasserfeste Füße!“, sagte Isa.
Sie gab ihrer Mutter noch einen eiligen Kuss auf die Wange und dann waren beide schon aus der Tür.
„Denk ans Abendbrot!“ rief ihre Mutter noch, „und pass auf, dass dir nicht kalt wird.“
lsa hob nur kurz die Hand, als Zeichen, dass sie ihre Mutter gehört hatte. Ihr würde nicht kalt werden, nicht an einem solch tollen, strahlenden Tag, da war sie sich sicher.
Als sie dem Garten näher kamen, schien er ihnen entgegen zu leuchten. Die Tür stand schon für sie offen. Taffy kam ihnen entgegen und schlich um ihre Beine. Ihr Fell war wunderbar warm und weich und glänzte im Sonnenlicht. Sophia stand am kleinen goldschimmernden Bach. Sie trug einen Strohhut, an dem eine blaue Kornblume befestigt war. Sophia hob einen Weidenkorb hoch, der auf dem Tisch stand, um ihnen zu zeigen, dass sie gleich loslegen konnten.
„Hier hinein könnt ihr die trockenen Äste sammeln. Möglichst gerade und etwa so lang.“ Sophia hielt ihnen einen Ast hin.
„Ich dachte, wir schneiden frische?“, fragte Lukas.
„Die würden nicht so gut schwimmen“, antwortete Sophia.
„Na dann. Komm, lsa, lass uns auf Astpirsch gehen.“
Und schon waren beide im hinteren Bereich des Gartens verschwunden.
Kurz darauf war der Weidenkorb fast voll. Sophia hatte eine kleine Säge zum Zuschneiden der Äste bereitgelegt.
„Hältst du? Ich säge“, sagte Lukas. „O.K.“, antwortete lsa.
Es dauerte eine Weile, bis sie genug Äste in der richtigen Länge hatten. Sophia brachte ihnen eine Erfrischung.
„Ich geh mal in die Küche. Wenn ihr mich braucht, ruft ihr, ja?“
„Ja, ja, machen wir.“ Lukas Antwort klang abwesend. Er nahm gerade Maß.
„Meinst du, es reichen acht?“, fragte lsa.
„Hm. Weiß nicht. Gibst Du mir die Schnur?“
„Hier.“
Lukas machte den ersten Knoten um das Ende des einen Astes. „Leg mal den Finger drauf, sonst schaff ich den zweiten nicht.“ „Mach ich – und dann will ich auch mal knoten.“
Sie banden weiter Ast neben Ast, bis alle fest verbunden waren. An der einen Seite befestigten sie eine lange Schur. Das Floß war fertig. Es war Zeit, es zu Wasser zu lassen.
„Sophia! Es geht los. Du musst kommen. Guck mal …“
„Ja, ich komme“, Sophia stellte ein Tablett mit Schüsseln und Erdbeeren auf den Tisch und trat an das Ufer des kleinen Bachs.
Vorsichtig ließ Lukas das Floß ins Wasser gleiten, während lsa die Schnur hielt. Gespannt beobachteten die drei, was passieren würde. Das Floß schwamm tatsächlich auf dem Wasser.
Doch die Strömung hatte kaum genug Kraft, es zu bewegen. lsa ruckelte an der Schnur, doch das Floß blieb, wo es war.
„Ich glaube, das Floß braucht Ladung und etwas Kraft“, sagte Sophia, „Lukas, hol bitte eine Schüssel mit Erdbeeren.“
Als Lukas zurück war, lachte Sophia: „So, und jetzt ab in die Bachmitte.“
Und schon stieg sie ins Wasser. lsa zog ihre Schuhe aus und tat es ihr nach:
„Hu, das kitzelt aber.“
Dann wurde das Floß mit den Erdbeeren beladen.
„Ich laufe ein Stück weiter runter! Wenn es klappt, nehme ich die Ladung entgegen“, rief Lukas.
Bald standen alle drei im Bach. lsa und Sophia weiter oben, Lukas weiter unten im Bachlauf. Taffy beobachtete vom Ufer aus erstaunt das Treiben.
„Schau, die Strömung ist nicht stark genug“, sagte lsa traurig.
„Na, na, das wollen wir doch mal sehen“, sagte Sophia lächelnd.
Sie nahm einen tiefen Atemzug und blies sachte über das Bächlein und als hätte das Wasser verstanden, kräuselte es sich, nahm eine bläuliche Farbe an und eine Strömung brachte das Floß in Bewegung.
„Cool“, lsa staunte einen Augenblick.
„Achtung, aufgepasst, es schwimmt, es schwimmt!“
Nach dem Entladen zog lsa es zurück und so schwamm das Floß hin und her, bis alle Erdbeeren transportiert waren. Lukas vertäute das Floß am Ufer und lsa und Lukas kletterten aus dem Wasser. Nur Sophia stand noch im Bach.
„Kommst du?“, fragte lsa.
„Ja, kleinen Augenblick noch.“
Sophia hob eine Hand zum Himmel und hielt sie dann in die blaue Strömung des Wassers. Als sie ihre Hand herausnahm, schien es, als hätte sich die Strömung von einem Moment auf den anderen beruhigt. Der goldene Schimmer war wieder deutlich zu sehen und Sophia hielt zwei blaue, kleine Kugeln in der Hand.
Als sie auch aus dem Wasser gestiegen war, sagte Sophia: „Hier, für euch. Ein Gruß des Wassers.“
Lukas und lsa sahen Sophia erstaunt an und freuten sich sehr. Die Perlen waren immer etwas Besonderes.
Nachdem sie gemeinsam alle Erdbeeren gegessen hatten, machten lsa und Lukas sich auf den Heimweg. Es war ein ganz besonderer Tag gewesen und sie liefen glücklich nach Hause.

Stille-Bild

   

Für die eigene Arbeit

Hinweise zur Perle

Die blaue Perle trägt in den „Perlen des Lebens“ den Namen: Perle der Gelassenheit. In Anlehnung an das schwedische Original und unter Berücksichtigung der Lebenswirklichkeit von Kindern wird ihre thematische Ausrichtung an dieser Stelle erweitert. Die blaue Perle steht hier für Ausgelassenheit, Unbeschwertheit, Freude und abenteuerliche Momente im Leben. Damit öffnet sich der Blick nicht nur für Situationen der Ruhe, Ausgeglichenheit und stillen Gelassenheit, sondern auch für solche, in denen Kinder intensive und spannende Erlebnisse haben oder auch etwas Neues für sich entdecken.

Solche Momente birgt jede Lebensphase in sich. Dennoch ist es wohl besonders die Kindheit, in der immer wieder neue und staunenswerte Dinge entdeckt werden.

„Exploration“- so lautet eines der vielen Fachworte, die das aktive, entdeckende, staunende Verhalten von Kindern beschreibt. „Exploration“ gelingt Kindern gut dann, wenn sie sich ihrer selbst sicher sind, wenn sie die Erfahrung des sicheren Hafens haben, zu dem sie immer wieder zurück kehren können. Neue und unbekannte Dinge können Kinder auch verunsichern und ängstigen. Die Idee der entdeckerfreudigen und neugierig-aktiven Kinder wird nicht von allen Kindern selbstverständlich gelebt. Die vielfältigen und unterschiedlichen Emotionslagen, die Kinder in solchen Situationen erleben, können bei der Beschäftigung mit dieser Perle gut betrachtet werden.

In der Geschichte erleben Isa und Lukas einen abenteuerlichen und ausgelassenen Tag in Sophias Garten. Sie beide selbst sind wie Entdecker und dabei nicht allein. Sophia ist da, zwar im Hintergrund, aber dennoch für sie ansprechbar und letztendlich mittendrin in der Geschichte. Isa und Lukas erleben staunenswerte und fröhlich stimmende Dinge: Sie haben alleine eine Verabredung mit Sophia, sie bauen Flöße, die tatsächlich auf dem Wasser schwimmen, sie können mit ihnen sogar etwas transportieren und machen intensive Erfahrungen mit dem besonderen Fluss in Sophias Garten. Kinder, die diese Geschichte hören, können durch diese Erlebnisse von Isa und Lukas zu eigenen Abenteuern sowie zum Nachdenken, Staunen oder Philosophieren angeregt werden.

Die blaue Farbe, die die Perle trägt, eröffnet ähnliche Erfahrungsräume. Blau als himmlische Farbe trägt in den hellen Tönen die Idee von Leichtigkeit in sich. Das dunkle Blau lässt eher die Ruhe und die Besinnung, vielleicht auch die Schwere assoziieren. Blau kommt in der Geschichte an unterschiedlichen Stellen vor und kann als erste Brücke zwischen der Geschichte, der Perle und den Kindern dienen („Wo überall ist „blau“in der Geschichte?“).

Didaktische Ideen

Wenn die Kinder die Geschichte gehört haben, kann eine erste Gesprächsrunde gestaltet werden. Hierfür kann zum Beispiel eine blaue Kugel herumgegeben werden und jedes Kind kann erzählen, was ihm besonders an der Geschichte gefallen hat. Oder die Kinder können durch folgenden Impuls zum Nacherzählen angeregt werden: „Stell Dir vor, Isa kommt nach Hause und ihre Mama fragt:„Hallo Isa! Wie war es bei Sophia?“ Was erzählt Isa wohl?“

Die Geschichte kann Kinder auch zu eigenen Abenteuern anregen, vielleicht haben sie Lust, selbst Flöße zu bauen und sie tatsächlich schwimmen zu lassen. Und natürlich gehört dazu auch das gemeinsame spielen und erzählen: „Wo würde ich mit meinem Floß gerne hinfahren?“

Am Ende der Geschichte bekommen Isa und Lukas blaue Perlen, die„als Gruß des Wassers“ für die Ausgelassenheit und Freude des erlebten Tages stehen. Bei dieser Geschichte bietet es sich an, die Kinder selbst von abenteuerlichen, freudigen, spannenden oder aufregenden Erlebnissen erzählen zu lassen. Solche Momente lassen sich mit den Kindern auch inszenieren oder mit Traumreisen imaginieren (z. B. Marnete Viegas: Entspannende Geschichten, 2013). Mit den Kindern kann die Farbe Blau kreativ und mit allen Sinnen erschlossen werden. Vielleicht gestalten sie zum Abschluss selbst alle eine eigene blaue Perle.

Wenn in einer Einrichtung nach und nach alle Perlen mit den Kindern thematisiert werden, empfiehlt es sich zusätzlich zu den Armbändern, die die Kinder mit eigenen kleinen Holzperlen fädeln, nach jeder erlebten und vertieften Geschichte eine Styropor- oder Holzkugel auf ein großes Perlenarmband zu fädeln. So bleibt eine sichtbare Erinnerung an jede Geschichte im Gruppenraum vorhanden.

In Einrichtungen, in denen bewusst religionssensibel gearbeitet wird, eröffnen sich mit der „Perle der (Aus-)Gelassenheit“ weitere Vertiefungsmöglichkeiten. Unterschiedliche biblische Erzählungen können den Aspekt der Begleitung in unterschiedlichen Lebenssituationen in das Zentrum rücken (z. B. Sturmstillung, Jona, Psalm 23) und im Zusammenhang mit der blauen Perle erzählt werden.

Alle Materialien und Medien zur Perle dürfen für die eigene Arbeit verwendet werden. Zu jeder Perle gibt es eine Bildkarte, die farbig auf A3 gedruckt, in das klassische Erzähltheater (Kamishibai) passt. Das Geschichtenbild kann mit den Kindern zunächst betrachtet und entdeckt werden. Im Anschluss  kann die Geschichte frei erzählt oder vorgelesen werden. Die Vorlesegeschichte mit kleinen Bildelementen darf ebenfalls gedruckt und in der Kita – beispielsweise als Aushang zur Elterninformation – veröffentlicht werden. Wenn die Kinder die Geschichte kennengelernt haben, ist es möglich, eine inhaltliche Auseinandersetzung zum Thema der Perle zu ermöglichen.


Downloadbereich

Die Bildkarte

Die Geschichte mit Bildelementen, Die Geschichte als word-Dokument (ohne Bilder)

Die Stille-Bilder: Das Mandala, das Geschichtenbild

Die Geschichte zum Anhören